Policybrief

Automatisierungspotenziale von beruflichen Tätigkeiten: Künstliche Intelligenz und Software – Beschäftigte sind unterschiedlich betroffen

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Automatisierungspotenziale von beruflichen Tätigkeiten: Künstliche Intelligenz und Software – Beschäftigte sind unterschiedlich betroffen

In den vergangenen Jahrzehnten haben rasante Fortschritte in digitalen Technologien die Berufsstrukturen und die Anforderungen an Arbeitnehmende stark verändert. Doch bisher ist noch wenig darüber bekannt, wie der Arbeitsmarkt in Zukunft durch Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst wird. Neue Erkenntnisse aus dem ai:conomics Forschungsprojekt zeigen nun, dass KI vor allem Auswirkungen auf Tätigkeiten hochqualifizierter Arbeitskräfte hat, während mittel- und niedrigqualifizierte Arbeitskräfte eher von der Automatisierung durch Software ohne KI (Software) betroffen sind. Zudem zeigt sich, dass KI und Software zwar einige, aber nicht alle Aufgaben innerhalb eines Berufs übernehmen können. Daher kann die Einführung entsprechender Technologien nicht als alleinige Lösung für den Fachkräftemangel erachtet werden.

Diese Erkenntnisse stammen aus dem vierten Policy-Brief des ai:conomics Forschungsprojektes. Mithilfe von Patentdaten haben die beteiligten Wissenschaftler:innen analysiert, inwiefern Tätigkeiten in verschiedenen Berufen potenziell automatisiert werden könnten. Das dabei ermittelte relative Automatisierungspotenzial ermöglicht Vergleiche zwischen verschiedenen Beschäftigungsgruppen. Dabei wurde das Automatisierungspotenzial durch KI und Software jeweils separat betrachtet, was differenziertere Erkenntnisse ermöglicht.

Das sind die wesentlichen Erkenntnisse:

  • Patentdaten eignen sich als Indikatoren auf Berufsebene. Sie zeigen, inwiefern berufliche Tätigkeiten von KI oder Software übernommen werden könnten (Webb 2020). Diese Indikatoren werden als relatives Automatisierungspotenzial bezeichnet und ermöglichen Vergleiche zwischen Berufen
  • Durch KI lassen sich am ehesten Tätigkeiten hochqualifizierter Beschäftigter übernehmen. Der Einsatz von Software betrifft eher Tätigkeiten von Beschäftigten mit geringen oder mittleren Qualifikationen.
  • Die relativen Automatisierungspotenziale durch KI sind besonders hoch im Verarbeitenden Gewerbe sowie in der Informations- und Kommunikationstechnik.
  • Berufe mit höherem Frauenanteil weisen geringere relative Automatisierungspotenziale auf als Berufe mit höherem Männeranteil.
  • KI und Software könnten etwas mehr Tätigkeiten in Berufen mit Fachkräfteengpässen übernehmen als in anderen Berufen.
  • Grundsätzlich gilt jedoch, dass Berufe nicht vollständig automatisierbar sind, sondern nur einzelne Tätigkeiten.

In welchem Ausmaß können KI und Software bei unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen zum Einsatz kommen?

Das relative Automatisierungspotenzial unterscheidet sich je nach Branche und den spezifischen sozioökonomischen, demografischen und beruflichen Merkmalen verschiedener Gruppen von Arbeitnehmenden.

Bezogen auf Unterschiede zwischen Berufsgruppen zeigt sich, dass das relative Automatisierungspotenzial im verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe besonders hoch ist. Besonders niedrig ist es im Gesundheits-und Sozialwesen. Werden die relativen Automatisierungspotenziale von KI und Software getrennt voneinander betrachtet, zeigt sich, dass Tätigkeiten in folgenden Branchen eher durch KI als durch Software übernommen werden: Informations- und Kommunikationstechnologien, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen und Unternehmensnahe Dienstleistungen. In folgenden Branchen ist eine Automatisierung durch Software wahrscheinlicher: Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Handel, Verkehr und Lagerhaltung sowie das Gesundheits- und Sozialwesen.

Auch hinsichtlich des Qualifikationsniveaus gibt es Unterschiede im relativen Automatisierungspotenzial. Während KI potenziell eher Tätigkeiten von Hochqualifizierten als von Beschäftigten mit geringer und mittlerer Qualifikation automatisieren kann, gilt für Software das Gegenteil. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass Berufe, die keine oder formale Ausbildung voraussetzen (z. B. sozialer Bereich, Reinigung), derzeit in der Regel keinen Umgang mit großen Datenmengen erfordern, der durch den Einsatz von KI erleichtert werden kann. Software hingegen kann die Verrichtung repetitiver, niedrigqualifizierter Tätigkeiten übernehmen oder zumindest unterstützen. Im Gegensatz dazu fallen in Berufen mit höheren Qualifikationsvoraussetzungen in der Regel weniger standardisierte Aufgaben an, weshalb diese eher von KI als von Software unterstützt werden können.

Die Ergebnisse weisen darüber hinaus auf geschlechtsspezifische Unterschiede im relativen Automatisierungspotenzial von Tätigkeiten hin. Frauen sind weniger von den Automatisierungspotenzialen von KI und Software betroffen als Männer. Ein möglicher Grund dafür ist, dass Berufe mit besonders hohem Frauenanteil oftmals eine andere Tätigkeitsstruktur aufweisen als Berufe mit einem hohen Männeranteil. Frauen üben im Vergleich zu Männern häufiger Tätigkeiten aus, die soziale, zwischenmenschliche und kommunikative Fähigkeiten erfordern. Hierfür können die betrachteten Technologien bisher weniger eingesetzt werden.

Birgt KI die Chance, Fachkräftemangel abzufedern?

Die Ergebnisse zeigen, dass KI und Software eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des Fachkräftemangels spielen können, jedoch nicht als alleinige Lösung dienen. Insgesamt können sie etwas mehr Tätigkeiten in Berufen mit Fachkräfteengpässen übernehmen als in Berufen ohne Engpässe. Die starke Streuung der gemessenen Werte deutet jedoch auf große Unterschiede zwischen verschiedenen Berufsgruppen hin. Beispielsweise werden für die Altenpflege sehr niedrige relative Automatisierungspotenziale festgestellt (KI: 23%; Software: 29%), während die Werte für die Softwareentwicklung sehr hoch sind (KI: 88%; Software: 84%).

Allgemein wird betont, dass Berufe nicht vollständig automatisiert werden können, da viele KI- und Software-Anwendungen derzeit noch in ihren Fähigkeiten begrenzt sind und lediglich spezifische Tätigkeiten unterstützen oder ausführen können. Insbesondere in sozialen oder kreativen Prozessen sowie bei Aufgaben, die nicht standardisiert sind, stoßen die Technologien (noch) an ihre Grenzen.

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